RWE stellt Pläne für Allrather Verteil-Station vor

(NGZ) Die Veranstaltung hat die Kapazitäten des 90 Quadratmeter großen Versammlungsraums an der Allrather Kirche gesprengt: Rund 150 Bürger waren der Einladung der Grevenbroicher SPD gefolgt und informierten sich am Dienstagabend über das Mammut-Projekt Rheinwasser-Transportleitung – zum Teil von den Kirchenbänken aus. Das Interesse war auch deshalb groß, weil Fachleute von RWE zum ersten Mal Pläne für das Bauwerk vorstellten, in dem das Wasser aus den drei Rheinwasser-Pipelines auf die Tagebaue verteilt werden soll. Das Bauwerk soll 500 Meter südlich von Allrath errichtet werden.

Wie Michael Eyll-Vetter und Jiri Hlavka von RWE erklärten, soll mit dem Bau der Rheinwasser-Transportleitung bereits im kommenden Jahr begonnen werden, 2025 dann im großen Stil. Die Zeit drängt: Es geht nicht bloß um die Füllung der Restlöcher von Garzweiler und Hambach, sondern auch um eine möglichst schnelle Stabilisierung des Wasserhaushalts in der Region, wenn die Sümpfung eingestellt wird. Daran hängen nicht zuletzt mehrere Gewässer.

Bürgermeister Klaus Krützen sagte eingangs, dass er nicht glücklich darüber sei, dass das Projekt in Dormagen komplett in Frage gestellt wird. Er verdeutlichte, dass Kommunen wie Grevenbroich jahrelang „den Buckel für die Energieversorgung in NRW hingehalten“ hätten. Nun seien andere an der Reihe, in dem sie ihren Beitrag dafür leisten, dass die Tagebau-Anrainer mit Wasser aus dem Rhein versorgt werden.

Bekanntlich kommt Allrath als Standort für das Wasser-Verteilbauwerk eine zentrale Rolle zu: Drei Pipelines mit einem Durchmesser von 2,2 Metern sollen von Nordosten ankommen, vier zum Teil kleiner dimensionierte Röhren sollen von dort aus weiter zu den Tagebauen führen. Das Wasser soll dem Rhein bei Dormagen entnommen werden: 40 Jahre lang, im Schnitt 18 Kubikmeter pro Sekunde. Laut Plan werden die Röhren auf einer Länge von insgesamt 45 Kilometern verlegt, größtenteils in offener Bauweise – in 1,25 Metern Tiefe. 2030 soll das Wasser fließen. Details nannten Michael Eyll-Vetter und Jiri Hlavka auch zum Verteilbauwerk:

Standort Der Baukörper soll rund 500 Meter von der Wohnbebauung entfernt errichtet werden – an der Straße „Flothgraben“, nördlich der Kohlebahn. Warum gerade hier? „Die Stelle hat die geringsten Nutzungskonflikte unter Berücksichtigung aller Belange“, sagte Michael Eyll-Vetter. Jiri Hlavka führte weiter aus, dass es verschiedene Restriktionen gebe. Beispielsweise müsste ein Sicherheitsabstand zu der in der Nähe verlaufenden Stromtrasse eingehalten werden. Und die Fläche jenseits der Kohlebahn sei für Gewerbe geblockt.

Größe Bei dem Verteilbauwerk handelt es sich um einen L-förmigen Baukörper, dessen längste Seiten 62 und 49 Meter messen sollen. Das Gebäude soll sieben Meter in die Höhe ragen.

Optik RWE zeigt sich offen für Gestaltungsvorschläge: Ein Arbeitskreis, der an die Dorfgemeinschaft „Allrath aktiv“ angedockt ist, soll Vorschläge erarbeiten – etwa zur farblichen Gestaltung des Objekts. Auch könnte ein Wall aus Erdaushub um die Station gelegt werden.

Emissionen In dem Verteilbauwerk sollen rund um die Uhr Pumpen laufen. Jiri Hlavka: „Der Schall soll sich in unmittelbarer Nähe des Bauwerks schnell abbauen.“ Im Dorf soll nichts zu hören sein, auch kein Wasserrauschen. „Die Pumpen werden zudem schwingungsresistent aufgelagert“, sagte Hlavka. So soll Vibrationen vorgebeugt werden.

Bauarbeiten Baufahrzeuge sollen nicht durch den Ort geleitet werden, sondern die Baustelle von Süden her ansteuern. Staub wird laut RWE abgebunden. Unternehmen sollen den Lärm gering halten und Maschinen einsetzen, die dem aktuellen Stand der Technik entsprechen.

Havarie Bei einer Havarie der Leitung etwa durch Korrosion oder durch Sabotage sollen Schieber betätigt werden können: Jiri Hlavka schloss beim Info-Abend auf die Frage eines Anwohners hin aus, dass es zu Überschwemmungsszenarien wie im Ahrtal kommen könnte. Bei einem Wasseraustritt könne so schnell reagiert werden, dass sich Wasser nur in geringen Mengen auf den Feldern staut. Der Betrieb soll rund um die Uhr überwacht werden.

Nach Vorstellung der „harten Fakten“ zur Transportleitung und zum Verteilbauwerk haben die RWE-Vertreter etliche Fragen beantwortet. Viele zielten mehr auf die Verlegung der Röhren ab als auf das Verteilbauwerk. Der Allrather, der wohl am nächsten an der Rheinwasser-Transportleitung wohnt, ist Christoph Schmidt. Er wollte wissen, was es mit einem Messpunkt auf sich hat, der gerade einmal 50 Meter von seinem Haus entfernt eingeschlagen worden sein soll.

Wie die Fachleute von RWE erklärten, wird zur Verlegung der drei 2,2-Meter-Röhren von Dormagen nach Allrath Stück für Stück ein 70 Meter breiter Streifen durch die Landschaft gezogen. Die Baustelle „wandert“. Der Platz wird gebraucht, um die Trasse mit Arbeitsgerät erreichen und die Leitungen verlegen zu können. Und um den Bodenaushub zwischenlagern zu können. Jiri Hlavka sagte zu, dass für bestimmte Bereiche gesonderte Abläufe verabredet werden können – dass der Erdaushub etwa als Schutz zwischen Baustelle und Wohnbebauung gelagert werden könne.

Was vergleichsweise harmonisch begann, schlug später um: Unter die Gäste der Veranstaltung hatten sich auch Bürger gemischt, die die Fragerunde für eigene „Feststellungen“ nutzten und sich mit Warnungen vor RWE direkt ans Publikum wandten. Auch Vertreter aus Dormagen waren dabei, die teils für „Kampfansagen“ gegen die Rheinwasser-Transportleitung Applaus ernteten. Die Stimmung insgesamt: durchwachsen. Die Verlegung der Röhren in 1,25 Metern Tiefe sei ein Witz, schrie ein Besucher wütend in die Menge. Über den Leitungen würden keine Pflanzen mehr wachsen. Michael Eyll-Vetter von RWE betonte: „Bei Flur- und Folgeschäden stehen wir gerade. Eine angemessene Entschädigung ist selbstverständlich.“ Schon beim Bau werde es eine ökologische Überwachung geben, die einzelnen Boden-Schichten sollen getrennt gelagert werden.

Mit einigen Sorgen meldete sich auch ein Mann zu Wort, der sich als Vater eines Binnenschiffers vorstellte. Er äußerte Skepsis in Bezug auf die Entnahmemengen – so wie andere Gäste. Eyll-Vetter erklärte, dass bei Niedrigwasser nur so viel Wasser aus dem Rhein entnommen werden soll, dass sich der Stand um maximal zwei Zentimeter absenkt. Für die Schifffahrt sei das unbedenklich – überdies seien die Pläne mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sowie mit der zentralen Kommission der Rheinschifffahrt abgestimmt. Ein anderer Besucher schlug vor, Vollrather Höhe und Sophienhöhe abzubaggern und die Löcher mit dem Erdreich zu füllen. Auch das sei geprüft worden, sagte Eyll-Vetter. Der Eingriff in die Landschaft wäre aber zu groß.

Info

Erster Info-Abend in Grevenbroich

Premiere Der Info-Abend war der erste zur Rheinwasser-Transportleitung, der in dieser Größenordnung in Grevenbroich stattfand.

Organisation Die Veranstaltung hatte Philipp Bolz organisiert, in Absprache mit örtlichen Vereinen wie der Dorfgemeinschaft. Das Interesse an den Auswirkungen des Rheinwasser-Projekts auf den Ort ist groß, zumal die Allrather seit Jahren mit diversen Folgen der Energieerzeugung leben müssen.

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