(NGZ) Ein 45 Kilometer langes System aus Pipelines, das unterirdisch vom Rhein bei Dormagen über Allrath nach Garzweiler und Hambach verlaufen soll? Aus Sicht mancher ist das ein viel zu großer Aufwand. Ein Alternativ-Vorschlag, über den einige ernsthaft diskutieren: Es solle lieber die Vollrather Höhe abgebaggert werden, um mit dem dann zur Verfügung stehenden Erdreich den Tagebau zu verfüllen.
Cathrin Hassels von der Dorfgemeinschaft „Allrath aktiv“ kann über solche Vorschläge aber nur schmunzeln – so wie wohl die überwiegende Zahl der Dorfbewohner. Das Volumen der Vollrather Höhe würde nicht ansatzweise reichen, um den Tagebau zu verfüllen. Auch nicht, wenn man noch die Sophienhöhe dazunehmen würde, wie es manche vorschlagen. Dass die Region Wasser aus dem Rhein braucht, ist im Dorf größtenteils unumstritten, so das Gefühl der DG-Vorsitzenden. Cathrin Hassels weiß aber auch um die Sorgen, die sich viele Allrather machen. Es gibt viele offene Fragen, vor allem in Bezug auf das große Verteilbauwerk, das südlich von Allrath auf einem Acker zwischen Kohlebahn, Vollrather Höhe und Wohnbebauung entstehen soll.
Wo zurzeit Weizen wächst, soll künftig das Wasser, das durch die drei je 2,2 Meter breiten Transport-Röhren strömt, aufgesplittet werden: Jeweils zwei Röhren sollen von Allrath aus weiter in Richtung der beiden Tagebaue führen. Damit sollen die Löcher verfüllt werden, in den kommenden Jahren sollen Seen entstehen, mit deren Hilfe sich auch der Grundwasserhaushalt im Revier wieder normalisieren soll. Für kommenden Dienstag, 2. Mai, laden die SPD und die Dorfgemeinschaft zu einer Infoveranstaltung in den neuen Kirchenraum ein (siehe Infokasten), bei dem auch Fachleute von RWE über das Projekt informieren werden.
Was sich die Allrather wünschen, sagt Cathrin Hassels, ist vor allem ein Modell oder zumindest ein Foto eines vergleichbaren Verteilbauwerks – „damit man sich vorstellen kann, wie das aussehen wird“, sagt die 41-Jährige, die zeit ihres Lebens Allratherin ist und hofft, dass sich das Verteilbauwerk möglichst unauffällig in die Landschaft einfügt. Sie geht davon aus, dass es in etwa so groß sein wird wie eine Sporthalle. „Wichtig ist für uns, dass die Emissionen so gering wie möglich gehalten werden“, betont Hassels.
Manche würden befürchten, dass künftig permanent ein Wasserrauschen zu hören ist. Schon jetzt sind die Allrather durch mehrere Faktoren „vorbelastet“: Sie hören das Rauschen der Windräder auf der Vollrather Höhe, das Tuten der Kohlebahn, sie haben mit Kohlestaub zu kämpfen, im Sommer ist es im Dorf wegen der Kraftwerks-Wolken manchmal schattiger als anderswo – und beim Schichtwechsel im Werk nimmt auch der Verkehr im Dorf zu.
Auch in der Bauphase, das erwarten die Dorfbewohner, sollen die Emissionen gering gehalten werden. In einer Stellungnahme zur Rheinwasser-Transportleitung, die die Dorfgemeinschaft vor vier Wochen an die Bezirksregierung Köln geschickt hat, erklärt sie, dass sie das Projekt nicht grundsätzlich in Frage stellt, aber einige Erwartungen damit verknüpft. „Wir erwarten zum Beispiel, dass ein Baustellen-Verkehrskonzept vorgelegt wird und nicht der gesamte Verkehr durch das Dorf rollt“, nennt Cathrin Hassels ein Beispiel. Weiter soll geklärt werden, was dafür getan werden kann, damit die Staubentwicklung bei den Arbeiten auf ein Minimum reduziert wird. „Denn schon wenn der Bauer im Sommer das Feld pflügt, wirbelt das teilweise extrem viel Staub auf“, sagt Hassels. Eventuell, so die Vorsitzende der Dorfgemeinschaft, könne man dem Staub mit Sprühnebel aus Wasser entgegenwirken, so ähnlich wie direkt am Tagebau.
Weil Allrath schon jetzt recht stark von den Folgen der Braunkohleverstromung betroffen ist, freut sich die Dorfgemeinschaft auch darüber, wenn etwas fürs Dorf getan wird – Hassels verweist etwa auf den Kirmesplatz, der bloß aus Schotter besteht. Auch einen neuen Bolzplatz könnte der Ort vertragen.
Info
Infoabend am 2. Mai um 19 Uhr in Allrath
Termin Dienstag, 2. Mai, 19 Uhr, im neuen Kirchenraum Allrath, Matthäusplatz 2a.
Organisation Zu dem Termin lädt die SPD um Ratsherr Philipp Bolz. Die Idee für den Infoabend war im Vorfeld mit örtlichen Vereinen entstanden, darunter der Dorfgemeinschaft. Sie zählt 180 Einzelmitglieder und vertritt etwa 25 Vereine.
Gesprächspartner Michael Eyll-Vetter, Leiter der Sparte Tagebauentwicklung RWE, und Karsten Waschke, Projektleiter für die Rheinwasser-Transportleitung. Zudem sollen die SPD-Politiker Daniel Rinkert und Rainer Thiel dabei sein.